Eine junge Frau, frech und forsch: Kann man sie nicht lieben? Man muss es, auch dann, wenn sie lauthals verkündet, sich umbringen zu wollen. Den Todeswunsch trägt Maria Parker ganz offen vor sich her, und es macht der Protagonistin Spaß, die Leute damit zu erschrecken – so, wie es Spaß macht, das zu lesen. Mit dem Leben abgeschlossen habend, kann man über fast alles lachen, ohne Hemmungen.
Nach mehreren Freitodversuchen hofft ihr Arzt, dass ihr mit einem stationären Aufenthalt in einer Reha geholfen werden kann. Sie lässt sich darauf ein, mit dem Hintergedanken, dort jemanden zu finden, mit dem sie gemeinsam Schluss machen kann.
Die Therapiemaßnahmen sind von durchaus unterschiedlichem Wert, nicht zuletzt kann der Wert auch durch die Übungsleiter zunichte gemacht werden, schon durch einen Kommandoton (im Sinne von: „Entspannen Sie sich! Gefälligst!“). Der Irrsinnigkeiten der Anstaltswelt sind nicht wenige, und die Patient:innen tauschen sich auch darüber aus. Die Protagonistin Marie Parker wirft das den Anleiter:innen so unverblümt an den Kopf, dass es eine Freude ist. So kommt es, wie es kommen muss: Die Protagonistin findet Anklang, findet Freunde, Freundinnen und Freunde. Konfrontiert mit den Problemen anderer, die sie in der Klinik nicht gut behandelt sieht, öffnet sie auch für sie den Mund und kommt sie darüber ins Nachdenken. Auch über das eigene Tun, das eigene Selbst: Darüber, was man in der Welt will, beziehungsweise, noch tiefer gehend: Wer man eigentlich ist.
Marie Parker, die Freund:innen zum Sterben finden wollte, passiert das Gegenteil dessen, was sie anstrebte: Eines Abends raucht sie einen Joint mit einer Freundin Julia, und während sie selbst nichtsahnend entspannt, vergiftet sich Julia neben ihr und stirbt. Marie merkt es erst, als Julia neben ihr umkippt. Ja, das ist harter Tobak. Das zwingt zur Reflektion.
Die Gedanken gehen tiefer und tiefer. Da ist auch noch der junge Jan, dessen Leben ein Hirntumor in wenigen Monaten beenden wird. Diese Aussicht gibt seinen Worten eine Tiefe, die eher zu einem weisen alten Menschen passt als zu einem Halbwüchsigen. Und was will er hier eigentlich, in einer Psycho-Reha? Und was macht das alles mit Marie Parker?
Und dann ist da Alex, mit dem die Vision eines Glücks jenseits der Anstaltstore aufscheint.
Der Humor schwindet, an seine Stelle tritt die Selbstreflektion. Man ahnt so ganz nebenbei, dass diese Erlebnisse Marie nicht unberührt lassen werden. Es sind hier viele kluge Worte versammelt, die auch die Leser:innen zum Nachdenken über das eigene Selbst, das eigene Leben veranlassen. Ein gutes Antidot gegen das Gift der Depression. Man merkt, auf welche Weise eine Psychotherapie tatsächlich helfen kann.
Weiter wird nicht gespoilert.
Der Verlag Müry Salzmann packt das Ganze gewohnt gekonnt in einen edlen weißen Umschlag. Hier mit Banksy-Fotomontage (ein Mädchen wirft einen Blumenstrauß weg), über dem die Farbe der Hoffnung schwebt: Im Frühlingsgrün der Autorinnenname, in kräftigem Sommergrün der Rest. Schön, einfach nur schön. Dankeschön für dieses Buch.