Und das war also der dritte / mein dritter Tag auf der Criminale: Überall Criminale. Die ganze Stadt ham´se zugepflastert mit Aufstellern (Riesenbücher), Plakaten, und Flyer allerorten. Bemerkenswert. Thalia (als Sponsor) am Marktplatz – ein deutlich besserer Thalia, als man sie in Berlin (Steglitz) kennt – hat eigens ein Schaufenster gestaltet, hat alle nominierten Bücher vorrätig – und, ja, auch ich habe eins davon gekauft (welches, sag ich aber nicht – außer: Es hat später nicht den Preis davongetragen).6 Uhr. Freitag um sechs. Eins nach sechs. Zwei nach sechs. Ist mein Finanzbeamter immer noch nicht da. Sachsen-Anhalt! Ich zweifle an Dir! – Erst 6:15 geht das Licht an; er sieht ein wenig zerzauselt aus, ist es gestern vielleicht etwas später geworden? Und er trägt ein kariertes Hemd! Hm. Na gut, Freitag.
Der Tag beginnt mit den ersten Vorträgen. KO-Tropfen für mich. Und das heißt, alle möglichen Chemikalien, mit denen jemand betäubt werden kann. Laut dem Vortragenden (Mediziner, natürlich; da der Name nicht im Tagungsprogramm steht, nenne ich ihn hier auch nicht) spielen die aber keine große Rolle; es sei eher ein Medien-Phänomen (“urban legend”, sagt er). Nur in etwa zwei Prozent aller Fälle, schätzt er, seien wirklich solche Substanzen im Spiel – meist sei es einfach massiv überdosierter Alkohol. Das reiche wohl auch – aber das gestehe man nicht gern. Überhaupt sei Alkohol mit weitem Abstand das verbreitetste und also gefährlichste Betäubungsmittel. Nicht zuletzt, weil weit über 50 % aller Schädigungen, die durch Alkohol/-folgen entstehen, nicht die treffen, die ihn eingenommen haben. Und es folgte eine Tour-de-Force durch die Welt der Betäubungsmittel. Was bewirkt was, wie wird was verabreicht, was zieht welche Folgen nach sich. Hehe. Ich sage nichts.
Dann, in jeder Hinsicht interessant, der Autor der Mainhattan-Krimis, Andreas Schäfer, seines Zeichens Kriminalhauptkommissar, referiert über Taschen- und Trickdiebstähle. Anhand von Videoaufnahmen echter Täter. In jeder Hinsicht erhellend, nicht nur als Autor, sondern insbesondere auch als potenzielles Opfer. Wie ein Gruppe von Tätern ein Opfer einkreist – potenzielle Zeugen gezielt ablenkt – bis einer zugreift: bemerkenswert, das zu sehen. Und irgendwo total gruselig. Denn das Opfer merkt überhaupt nicht, was da geschieht!
Weiter geht´s mit Dr. Alfred Weidinger, Kunsthistoriker, Leipziger Museumsdirektor, Klimt- und Kokoschka-Spezialist, über Diebe, Kopisten und Fälscher. Häufig interessiert es die Fachleute (sei es im Museum, im Kunsthandel oder in Auktionshäusern) nicht einmal, ob ein Kunstwerk echt sei oder nicht. Die Versicherungen schon gar nicht, denn, komme es zu einem Diebstahl, würde dann eben geprüft, ob das Bild echt sei – und entsprechend die Prämie heruntergerechnet. Die Versicherungen können sich also freuen, wenn sie ein falsches Bild als echtes versichern können!
… und am Abend dann Vortrag im alten Landgericht Halle. Genauso frisch renoviert wie die Marktkirche – alles kunterbunt und ohne jede Patina, als sei es eben erst fertiggestellt worden. Versponnende Spätgotik aus der König-Ludwig-II.-Zeit, hier sehr floral: Man fühlt sich mal eben hundert Jahre zurückversetzt. Wir sind zu viert – der Saal ist rappelvoll – und es freut mich besonders, einige Gesichter unter den Hörerinnen und Hörern zu sehen, die ich in Büsum 2015 kennengelernt habe. Tausend Dank an die ausgezeichnete Moderation der wunderbaren Brigitte Glaser! Was für eine Frau! Was für eine Stimme! Mit ihr war das ein rundum gelungener Abend. Und: meine drei Kolleginnen Cécile Ziemons, Kerstin Ehmer und Monika Geier kennengelernt – ein Gewinn. – Wenn man selber liest, ist es nicht so einfach zu beurteilen, ob der eigene Text gut ankommt – zumindest mir fällt das schwer. Aber die Schocksekunde – bis sich die Schreckstarre gelöst hat, der Applaus einsetzt – ist ein Hinweis darauf, dass es angekommen sein muss, Eindruck gemacht hat. Soweit mein Einlob. 🙂