Criminale 2018 - 3. Mai 2018

Criminale, Tag 2. Das Wichtigste zuerst: Hamlet war großartig. Ein Erlebnis. SO muss man Hamlet spielen. Mit Puppen. So und nicht anders. Das war so ergreifend, dass ich mein Literaturprogramm danach gestrichen habe. Wer will da auch rankommen? Enttäuschungen vorprogrammiert. Aber der Tag begann viel früher. Ganz früh. Mein Zimmer liegt gegenüber dem Finanzamt, und Punkt 6 Uhr ging gegenüber (aber wirklich exakt gegenüber) das Licht an, und ein Mausgrauer begann seinen Tag. Sachsen-Anhalt, das Land der Frühaufsteher? Weit gefehlt, ich war schon um 15:45 auf; ha! Aber egal, eigentlich begann der Tag in der Moritzburg. In dem Turm über dem Tor also hatte Feininger sein Atelier, als er seine berühmten Hallenser Bilder gemalt hat. Den Dom (siehe gestern), die Marktkirche (auch gestern) und den Roten Turm (nicht gestern) – die drei Bilder sind noch bzw. wieder in Halle. Fast noch beeindruckender war aber Noldes Helle See. Ganz in Blau-Weiß, und mitten zwischen Himmel und Meer ein Schiff mit grünem Segel. Und alles leuchtete. Überhaupt, ein Tag der Farben: Marcs weiße Katze und seine gelbe Kuh, der Rote Turm, der eigentlich schwarz ist, und am Abend noch der kleine “Läufer am Ziel” – bronzegrün und bronzeschwarz – am Leipziger Tor. Gerhard Schwarz (zurück in die Moritzburg) – war aber ganz braun – und man fragte sich angesichts dessen, was der da in den siebziger Jahren gemalt hat, warum er nicht genauso berühmt wie Gerhard Richter ist? Gerhard und Gerhard?
Dabei wurde ich kriminell. Ohne es zu ahnen. Fotografieren ohne Fotoerlaubnis – wo gibt´s denn sowas? Also, nicht in der Moritzburg! Man merkt´s, das hier ist das preußische Sachsen. Da wird man gleich zur Ordnung gerufen. Aber das ließ sich schnell regeln – keine Verhaftung – denn freundlich sinn´se dann eben doch, sind dann eben doch irgendwo Sachsen.
Danach wurde es noch “krimineller”. Schießunterricht bei der Giebichensteiner Schützengilde. Durchschnittsalter 56 Jahre – aber keine Nachwuchsprobleme! – Handfeuerwaffen. Erstmal ein Kolbenrevolver, Smith & Wesson. Also, alles auf Western: Beine breit und High Noon! 25 Meter waren das – ich muss sagen, enttäuschend. Ich dachte, es wäre schwerer. Alle fünf Schuss auf der 40er-Auflage. Dann Gewehr – fand ich schwieriger, weil weiter und schwieriger still zu halten. Waren vielleicht 50 Meter? Alles auf Scheibe, und auch noch ein 9er dabei. Dann nochmal Handfeuerwaffe, eine automatische, und da hatte ich jetzt schon zwei 10er, einen 7er und, naja, 4 und 3. Das bei der zweiten Passe – hätte ich seinerzeit mit dem Bogen nicht einmal von geträumt! Vom sportlichen Aspekt her gesehen also ist Kugelschießen echt einfach. Knallt halt. Aber kaum eine Herausforderung; geradezu uninteressant. Nä, ich bleibe beim Bogen. (Ich möchte aber noch hinzufügen, dass da etliche Autoren/Autorinnen waren, die weitaus besser geschossen haben als ich.)
Und nach dem Ausflug nach Giebichenstein dann eben Hamlet. Im Puppentheater Halle. Dazu gibt´s einen Trailer – der veranschaulicht ganz gut, was daran so beeindruckend war, was ich mit Buchstaben nicht ausdrücken kann. (Ok, mit der Steve-Reich-Musik hatten sie mich eh schon …) Das hat mich so erschlagen … längere Stadtwanderung, Abendessen unterm Blätterdach, heimwärts trödeln.

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Klaus Berndl

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